Ein einfacher Mönch aus Wittenberg
forderte im 16. Jahrhundert den Papst
heraus. Er tadelte den weltlichen
Lebenswandel der Geistlichen und
kritisierte den Zustand der Kirche. Als
sein Leben daraufhin in Gefahr geriet,
tauchte er unter. Doch seine Ideen
waren längst in der Welt. Sie machten
ihn zum Volkshelden und legten den
Grundstein für ein neues Zeitalter.
Der Legende nach nagelte Martin
Luther seine 95 Thesen am 31. Oktober
1517 an die Tür der Schlosskirche in
Wittenberg. Er hatte gewiss nicht
erwartet, dass spätere Generationen in diesem Ereignis den Urknall einer neuen Ära erkennen würden. Doch
genauso ist es gekommen. Luthers Erscheinen auf der Weltbühne gilt heute als Initialzündung der
Reformation, eines der zentralen Ereignisse der deutschen Geschichte.
Ob Politik. Musik, Kunst, Wirtschaft, Soziales, Sprache oder Recht: Kaum ein Lebensbereich blieb von der
Reformation unberührt. Sie förderte die Entwicklung eines Menschenbildes, das auf einem neuen
Freiheitsbegriff beruhte. Eigenverantwortung und die Gewissensentscheidung des Einzelnen rückten in den
Mittelpunkt.
Am deutlichsten lässt sich der Einfluss der Reformation an der Entwicklung einer einheitlichen deutschen
Schriftsprache nachzeichnen. Mit der Übersetzung der Bibel ins Deutsche schuf Martin Luther einen riesigen
lebendigen Wortschatz, der im Laufe der nächsten 300 bis 400 Jahre zwischen Ostsee und Alpen zum
Allgemeingut wurde. Eine wichtige Voraussetzung dafür war, dass er dem einfachen Volk, um der
Verständlichkeit willen, „aufs Maul schaute“. Nicht nur die Gebildeten sollten ihn verstehen.
Begriffe wie das „Machtwort“, die „Feuertaufe“ oder „friedfertig“ gehen auf ihn zurück, ebenso
Redewendungen wie „im Dunkeln tappen“, auf Händen tragen“ oder“ ein Herz und eine Seele sein“. Auch die
Großschreibung der Substantive haben wir Luther zu verdanken.
Von Anfang an war die Reformation Bildungsbewegung. Nie zuvor hatte ein so großer Teil der Bevölkerung
Zugang zum geschriebenen Wort. Der Besuch von Schulen gewann, nicht zuletzt dank Luthers Mitstreiter
Philipp Melanchthon, eine völlig neue Bedeutung und wurde schon wenig später zur Pflicht. Auch das
sozialstaatliche Denken hat seine Wurzeln in der Reformationszeit. Luther wies die Obrigkeit auf ihre
Verantwortung für die Schwächeren hin.
Zugleich entstand das Verständnis dafür, in einem Beruf nicht nur den Lebensunterhalt, sondern eine
Investition in das Gemeinwesen zu sein.
Die Gedanken der Reformation gingen um Welt und hinterließen im Laufe der folgenden Jahrhunderte auf
allen 5 Kontinenten tiefe Spuren. Sie wurden zu globalen Exportschlagern. Wenn das kein Grund zum Feiern
ist.
Martin Luther 2017
500 Jahre Reformation
Was geht uns die Reformation an?